Lange, leere Gänge; Estrichboden; Düsternis trotz grellem Licht; Wände und Decken
unverkleidet; nirgends Fenster, stattdessen Rohre überall, aus deren größtem ab und
an ein lautes Rauschen ertönt; die Luft ist merklich kühler auf der Haut. Dann ein
niedriger Raum, Betonpfeiler, im Eck eine alte Holztür, verriegelt hinter einem riesigen
Querbalken. Wohin sie führt, weiß keiner (In einen ehemaligen Karzer vielleicht?). Und in
dem Raum etwa 14 Schüler, die sich, Lektüre in der Hand, lässig in schwarz gepolsterten
Bürostühlen drehen und versuchen, einander zum Lachen zu bringen. Was war geschehen?

Es war der 15. November, bundesweiter Vorlesetag. Seit 2004 verwandeln sich am dritten
Freitag im November zahlreiche Einrichtungen und Institutionen in ganz Deutschland – Schulen,
Kitas, Cafes, Kirchen und viele mehr – in Orte, an denen die Freude am (Vor)Lesen gefeiert wird.
Und die Abiturklasse AH11 der Fachoberschule 13 nahm mit ihrem Deutsch- und Philosophiekurs daran
teil – im Jahr 2019 zugleich mit fast 700.000 Menschen. Städte, die mitmachen, werden zu Lesestädten,
und das Motto der ‚Lesestadt Oberhausen‘ war in diesem Jahr: ‚Lachen – die schönste Sprache der Welt‘.
Dass das Hans-Sachs-Berufskolleg da mit von der Partie sein würde, war ausgemachte Sache.

Doch mit welcher Aktion? Draußen war es bereits fröstelnd kalt; Gasometer und Zinkfabrik Altenberg
– beides Kurztrip-Favoriten unserer Schule – sind wegen Sanierung geschlossen; ein längerer Trek mit
dem ÖPNV hätte keinen Jubel ausgelöst. Und im Klassenraum war man ohnehin die ganze Zeit. Also blieb
nur eins: wir würden zum Lachen in den Keller gehen. Die AH11 würde das bekannte Sprichwort wörtlich
nehmen, ihm aber einen leichten Drall verpassen: im Keller lässt sich’s trefflich lachen.

Was würde uns dort unten erwarten? Wikipedia schreibt das hier über den Ort des Geschehens
(Bautechniker, aufgepasst): „Ein Keller (von lat. cella; auch „Kellergeschoss“, „Untergeschoss“
oder „Souterrain“ genannt) ist ein geschlossenes Gebäudebauteil, das sich ganz oder zumindest
überwiegend unterhalb der Erdoberfläche befindet. Zweck des Kellers war ursprünglich die Lagerung
von Lebensmitteln in kühler Umgebung, da ein Keller eine gleichmäßigere Temperatur aufweist als
ein oberirdisches Bauwerk.“

Dass sich nun Kartoffelberge, Räucherfleisch, eingelegte Heringe oder Sauerkrautfässer vor uns
auftürmen würden, daran glaubte keiner. Doch da es sich um einen Schulkeller handelt, würde man
vielleicht auf alten Unterrichtsfundus stoßen: vergilbte Landkarten, einen verstaubten Globus,
vielleicht sogar auf einen ausgestopften Hirschkopf oder ein grinsendes Schul-Skelett. Doch
nichts dergleichen kam zum Vorschein. Die Bestände des Oberhausener Schularchivs, die sich
tatsächlich einmal hier befunden hatten, waren bereits umgezogen. Allenfalls Stapel von Handtuchrollen
und Toilettenpapier wurden gesichtet, jedoch nicht weiter inspiziert (Wir hatten dem Hausmeister-Team
versprochen, uns zu benehmen).

Doch einen Raum voller eingelagerter Bürostühle gab es. Und den nahmen wir für unsere Aktion in
Beschlag. Es konnte losgehen: Alle Schülerinnen und Schüler der Klasse hatten einen oder mehrere
Texte mitgebracht, mit denen sie sich gegenseitig zum Lachen bringen wollten. Das Spektrum reichte
dabei von Flachwitz-Listen aus dem Internet bis zum technischen Tabellenbuch. Papierformate waren
extrem rar; vorherrschendes Vorlesemedium war unangefochten das Smartphone. Das Spielsystem:
jeder gegen jeden, vorzugsweise mit Hin- und Rückspiel. Regeln gab es vier an der Zahl
(wobei extremes Grinsen und bebende Nasenflügel ebenfalls als Lachen zählten):

A liest fehlerfrei und lacht nicht – B lacht: A gewinnt
A liest fehlerfrei und lacht nicht – B lacht nicht: Unentschieden
A verliest sich oder lacht – B lacht: Unentschieden
A verliest sich oder lacht – B lacht nicht: B gewinnt

Nach annähernd 26 Runden und langem, zähen Kampf in dem hallenden Riesenraum gingen zwei
Gewinner aus dem Getöse hervor. Sie beide hatten die meisten Runden ausgefochten und die
höchste Zahl an Punkten erkämpft (…eine Gewinnerin sogar unter ausschließlicher Benutzung
des Tabellenbuchs). Wir gratulieren ganz herzlich!

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten, die diese Aktion möglich gemacht haben. Und wer weiß:
Beim Vorlesetag im nächsten Jahr steigen wir der Schule vielleicht auf’s Dach.

(sta)